– Sommer 2018 –
Wir feiern unser 40-jähriges Jubiläum. Dazu ein Grußwort des Gründungsmitglieds Herrmann Schulz:
Ohne Enrique Schmidt Cuadra zu allererst zu nennen, möchte ich aus unserem denkwürdigen Anlass kein Grußwort beginnen. Er kam nach einjähriger Haftzeit in Nicaragua mit seiner Frau Marivi Urquijo, das war 1978, in mein Büro, um sich für meine Aktivitäten zu seiner Befreiung zu bedanken, dabei weiß ich bis heute nicht, ob meine Versuche irgendetwas bewirkt hatten. Wichtiger ist auch, dass er bei diesem Besuch von der FSLN erzählte und anregte, ob man nicht beginnen sollte mit einer Solidaritätsbewegung für die Befreiung seines Landes. Dazu erklärte ich mich sogleich bereit, ohne zu wissen, dass es schon an einigen Universitäten durch nicaraguanische Studenten ähnliche Gründungen gab.
Nun wolle ich keinesfalls Name und Adresse des Verlages, bei dem ich angestellt war, dafür benutzen und sprach mit meinem Sekretär Helmut Lotz. Der wiederum kannte eine Angelika Pappe und die war bereit, ihre Adresse zur Verfügung zu stellen und an der Sache mitzuarbeiten.
Mit unserem Vorschlag, den Verein einfach und schlicht „Büro Nicaragua“ zu nennen, waren die Behörden nicht einverstanden, sie verlangten „Informationsbüro Nicaragua“, so steht das Ding bis heute in der Öffentlichkeit. Nun will ich hier keine Erzählung von der wechselvollen Geschichte vortragen, mit welchen Höhen und Tiefen, Krisen und Streitereien, sich das Infobüro entwickelt hat, nur so viel möchte ich anmerken, dass ich zwar Gründungsmitglied bin, aber durchaus nicht immer einverstanden war mit seiner Ideologie und seinen Strategien. Und die Mitarbeiter nicht mit mir, der immer vermeintlich alles besser wusste, weil ich das Land seit 1969 und wichtige Protagonisten der FSLN persönlich kannte! Es gab auch gehörigen Krach, aber das habe ich ebenso überlebt wie das Infobüro. Einzelheiten dazu gehören auch nicht hierher.
Seit mehr als 30 Jahren lese ich jede Zeile der Rundbriefe und Veröffentlichungen. Meist mit uneingeschränkter Zustimmung und angetan von der meist eindeutigen klugen Haltung, auch in schwierigen Zeiten, wie sie Nicaragua heute erlebt.
Die wichtigste Veränderung, so scheint mir, war die Abkehr von der uneingeschränkten Zustimmung und Unterstützung für eine Partei. Diese Haltung machte sicher Sinn in den ersten Jahren, denn die Frente war der Träger des Befreiungskampfes. Es war nur folgerichtig, dass danach die Hinwendung zu den eigentlichen Aufgaben folgte: Zu informieren und zu kommentieren, was geschieht und nicht aus dem Auge zu verlieren, dass Solidarität nicht für eine Ideologie oder Machtgruppe, sondern für Menschen da sein soll und den gemeinsamen Projekten. Als ich im Februar dieses Jahres aus besonderem Anlass noch einmal in Nicaragua war, habe ich verblüfft festgestellt, dass auch im Bewusstsein der Menschen die Solidarität aus Deutschland, Europa und anderen Weltgegenden sehr lebendig ist.
Fragen wir uns, warum ein solches Infobüro nach 40 Jahren noch nötig ist, ob es sich nicht überlebt hat. Für mich ist diese Frage beantwortet, wenn ich auf die Ereignisse der letzten vier Monate blicke. Mit wem kann ich über meine Ratlosigkeit, meine Wut und Enttäuschung reden, wenn nicht mit Menschen, die seit zwei Generationen die Arbeit getragen haben, überall im Land begegnen sie mir, in Schulen, bei Vorträgen oder Lesungen.
Wir haben Spuren hinterlassen, sichtbare und unsichtbare. Dazu gehören auch die mehr als fünfhundert Bücher, die von der Sehnsucht erzählen, eine andere gerechtere Welt soll möglich sein.
Aber Fragen sollten auch von den Freunden und Mitarbeitern des Büros immer neu gestellt werden. Sie, die in ständigem Kontakt mit Nicaragua sind, können sie konkreter als ich beantworten.
Herzlichen Glückwunsch zu diesen 40 Jahren!