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Amaya Coppens „Kommen Sie näher an die Menschen heran und versuchen Sie, ein wenig mehr Empathie und weniger Machthunger zu zeigen.“ Ein Beitrag zur Opposition

Ein Kommentar von Barbara Lucas:

Die bekannte Aktivistin des April 2018 Amaya Coppens veröffentlichte gestern auf ihrer Facebookseite einen Beitrag, der die Gefühle und Vorbehalte vieler Menschen in Nicaragua gegenüber der gegenwärtigen politischen Dynamik in der Opposition im „Wahljahr“ zum Ausdruck bringt. Wenn die Kandidat*innen der Opposition schon Wahlstimmen für das „kleinere Übel“ haben wollen, so fordert sie, dann solI dieser Teil der politischen Elite, der gegen Ortega ist, wenigstens die grundlegenden demokratischen Forderungen des April 2018 aufgreifen, die Freiheit der politischen Gefangenen fordern und mal einen Blick „nach unten“ werfen, auch wenn sonst das System nicht weiter in Frage gestellt wird.
Der Beitrag findet sich weiter unten auf Deutsch.
In Bacanalnica findet ihr den Beitrag auf Spanisch und eine Antwort, die die Diskussion aufgreift und von der Notwendigkeit spricht, das Land durch die nächsten Wahlen zu verändern und dafür eine Strategie zu entwickeln.

https://www.bacanalnica.com/?mailpoet_router&endpoint=view_in_browser&action=view&data=WzM5MCwiNWE3MmE4Y2JiOTQzIiwzNTkyLCIyczR2bWlyeWpteW9rMDh3NDBvODhrc2s0a2swMDA0NCIsMzg3LDBd

Amaya Coppens 1 Facebook 17-2-2021 :

„Es war so viel einfacher, sich zu entscheiden, sein Leben beiseite zu legen, als wir dachten, wir säßen im selben Boot, doch das taten wir nie. Wir hatten Treffen mit Ihnen, mit den “Geweihten”, denjenigen, die eine Stimme hatten, denjenigen, die ein Echo unserer eigenen Stimmen sein sollten. Wir haben Ihnen vertraut, wir haben Sie unterstützt, von der Straße aus dachten wir, wir tragen unseren Teil bei, und Sie tragen Ihren Teil bei. Wir haben auf der Straße geschlafen, wir haben auf der Straße gegessen, wir haben mit unseren bloßen Händen Löcher in die Straßen geschlagen, wir sind um unser Leben gerannt, wir haben Brüder und Schwestern verloren. Ich wusste dann, dass wir nicht im selben Boot saßen, als wir zwischen unseren Tränen sahen, dass sie uns immer weiter jagten, als wir Sie dann um einen nationalen Streik baten. Wir baten Sie zu reagieren, und Sie antworteten uns: „Wir haben keine Zeit dafür“, so unsensibel, so trocken und so kurz, so haben Sie das Thema erledigt.

Und sie haben uns weiter gejagt, die Flucht hat uns nicht geholfen, und sie haben uns weiter gejagt, und die Reaktion war die gleiche; die fehlende Reaktion war die gleiche. Wir waren Kollateralschäden, Zeichen des Wandels, Namen auf ihren Werbebannern. In der Zwischenzeit strecken wir weiter unsere Brust heraus, opfern uns auf, weil in Nicaragua die Märtyrer verherrlicht werden, damit niemand daran denkt, sich zu beschweren, nehmt die Blumen, nehmt ihre Botschaften der Ablehnung, aber Freiheit, aber Gerechtigkeit, nein. Nicht solange es nicht bequem ist, es sei denn, man ist einer der „Wichtigen“. Wir werden über Sie sprechen, aber mit Ihnen, besser nicht,  Du bist unbequem, Du machst Lärm, das, was Du machst bedeutet Spaltung. Fast 3 Jahre sind vergangen, mehr als 800 Gefangene, mehr als 500 Tote, mehr als 100.000 Exilierte, und es gibt keine Reaktion. Währenddessen machen wir mit unseren Albträumen weiter, mit unseren Narben und unserem zerbröckelnden Leben, während Cristiana sich über den „Trubel“ beschwert, der sie nicht in Ruhe ihren Kaffee trinken ließ, weil sie trotz ihrer langen aristokratischen Beine den Boden nicht berühren kann, und eine Gruppe konservativer Macho-Männer sich trifft, um ihre Diplome zu vergleichen.

 Eines Tages werden wir in Nicaragua in der Lage sein, uns wirklich zu entscheiden, und uns nicht mit dem kleineren Übel zufrieden zu geben. Eines Tages werden wir in einem freien Land leben können, aber in der Zwischenzeit werden wir nicht vergessen, noch werden wir schweigen, denn der Preis, den wir für unsere Stimmen bezahlt haben, war immens, denn es gibt diejenigen, die nicht mehr sprechen können. Nie wieder akzeptieren, ohne zu hinterfragen, ohne Antworten zu verlangen! Anstatt Debatten mit der Diktatur zu fordern, von denen wir wissen, dass sie nicht erfolgreich sein werden, fordern wir stattdessen Freiheit. Wenn Ihre Prioritäten nicht mit unseren übereinstimmen, erinnern wir Sie daran: Leben, Freiheit und Gerechtigkeit kommen vor Ihren persönlichen Kampagnen.

Freiheit für die politischen Gefangenen!
Gerechtigkeit für die Ermordeten!“


Amaya Coppens 2 17-2-2021 Facebook

Ich habe das geschrieben, um endlich Dampf abzulassen und zu sagen, was ich denke und was ich fühle, denn es gibt zu viele Dinge, über die wir im Namen der Einheit weiterhin schweigen. Ich habe die Angriffe erwartet, und die Wahrheit ist, dass ich hier nicht auf der Suche nach Popularität bin, das war ich nie. Ich möchte nicht mit irgendeinem Kandidaten auf eine Ebene gestellt werden, denn ich bin keine Kandidatin.

Ich möchte sie vielmehr an die Situation erinnern, in der wir weiterhin leben. Und ich möchte sie daran erinnern und uns in Erinnerung rufen, dass sie immer noch Menschen sind, dass sie immer noch Fehler machen und dass wir das Recht haben, es ihnen zu sagen, besonders wenn sie für das Amt des Präsidenten kandidieren.

In dem Moment, in dem wir sie nicht mehr kritisieren können, werden wir die Geschichte der Caudillos wiederholen, nur dass wir den Unberührbaren oder die Unberührbare an der Spitze ausgetauscht haben.

Kommen Sie näher an die Menschen heran und versuchen Sie, ein wenig mehr Empathie und weniger Machthunger zu zeigen, die Zahlen sind nicht nur Zahlen, sie sind Menschen.

Ich umarme Sie fest.

Es lebe das freie Nicaragua!