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Ortegas Regime entfesselt eine Jagd nach Journalisten und Journalistinnen unter dem Vorwand der Verfolgung von „Geldwäsche“. El País 25.5.2021

El Pais 25.5.2021 Nicaragua: El régimen de Ortega desata una cacería de periodistas con el pretexto de perseguir el “lavado de dinero” | Internacional | EL PAÍS (elpais.com)

Auch die Verfolgung der Präsidentschaftskandidatin Cristiana Chamorro wird genutzt, um weitere Journalisten und Medien in Nicaragua in die Enge zu treiben.

Das angebliche Geldwäscheverfahren, das die Regierung von Daniel Ortega und Rosario Murillo gegen die oppositionelle Präsidentschaftskandidatin Cristiana Chamorro eröffnet hat, wird nun als Schirm benutzt, um weitere Journalisten und Medien in Nicaragua in die Enge zu treiben. Die pro-sandinistische Staatsanwaltschaft erließ am Montag eine Reihe von Vorladungen gegen Reporter und Redakteure, was als Eskalation interpretiert wurde, um die unabhängige Presse zum Schweigen zu bringen in einem Jahr, in dem allgemeine Wahlen anstehen, die bisher keine Garantie für Glaubwürdigkeit und Kompetenz genießen.

Bei den von der Staatsanwaltschaft vorgeladenen Journalisten handelt es sich um Fabio Gadea Mantilla, Direktor von Radio Corporación, einem der Sender mit der größten Hörerschaft, vor allem in den ländlichen Gebieten Nicaraguas. María Lilly Delgado, Korrespondentin für den Sender Univision. Verónica Chávez, ehemalige Geschäftsführerin des beschlagnahmten Senders 100% Noticias. Und schließlich Lourdes Arróliga, eine ehemalige Mitarbeiterin der Violeta-Chamorro-Stiftung. Guillermo Medrano, ehemaliger Direktor des Menschenrechtsbereichs der gleichen Stiftung, wurde ebenfalls vorgeladen.

Das Geldwäscheverfahren gegen Cristiana Chamorro bezieht sich auf ihre Position als ehemalige Direktorin der Violeta Chamorro Stiftung, einer Nichtregierungsorganisation, die im vergangenen Februar ihre Tätigkeit einstellte, um nicht dem vom Regime erlassenen Gesetz für ausländische Agenten zu unterliegen, einer Regelung, die Spenden und die Finanzierung der Medien kriminalisiert. Die Violeta-Stiftung war führend in der Verteidigung und Förderung der Pressefreiheit in Nicaragua, einem Land, in dem dieses Grundrecht systematisch von der Regierung angegriffen wird.

Laut dem Ortega-Regime hat „die Stiftung Violeta Barrios de Chamorro für Versöhnung und Demokratie ihre Verpflichtungen vor der Aufsichtsbehörde schwerwiegend verletzt und die Analyse der Jahresabschlüsse für den Zeitraum 2015 – 2019 hat klare Hinweise auf Geldwäsche ergeben, weshalb das Innenministerium die Staatsanwaltschaft für die entsprechende Untersuchung informiert hat“.

Cristiana Chamorro ging letzte Woche zum Innenministerium und zur Staatsanwaltschaft, um die juristische Dokumentation vorzulegen, die ihrer Meinung nach dem Geldwäschefall widerspricht. Die ehemalige Direktorin der Violeta Chamorro Stiftung nennt den Fall „eine juristische Ungeheuerlichkeit“ gegen sie und behauptet, dass er darauf ausgelegt sei, sie als Präsidentschaftskandidatin zu behindern. Chamorro ist laut Umfragen die beliebteste Präsidentschaftskandidatin, und ihre moralische Figur dank des Vermächtnisses ihrer Eltern (die ehemalige Präsidentin Violeta Barrios und der Märtyrer für öffentliche Freiheiten Pedro Joaquín Chamorro, der von der Somoza-Diktatur ermordet wurde) machen sie zu der Figur, die eine gespaltene Opposition vereinen könnte.

„Das ist keine Anschuldigung gegen mich, sondern gegen uns alle, die wir Demokratie wollen. In diesem Moment demonstriert der Diktator, dass er Angst vor mir hat. Ich versichere Ihnen, dass er auch Angst vor uns allen hat, denn wir werden in der Lage sein, uns zu vereinen und ihn zusammen mit dem Volk zu besiegen“, betonte der Vorkandidat.

Jagd auf Journalisten
Abgesehen von der möglichen Hemmung von Chamorro, hat die Ortega-Regierung den Vorwurf der Geldwäsche ausgenutzt, um gegen andere Journalisten und Medien vorzugehen. An dem Tag, an dem sie angeklagt wurde, wurde die Zeitschrift Confidencial zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren von der Polizei überfallen und durchsucht. Carlos Fernando Chamorro, Direktor dieses investigativen Magazins und Cristianas Bruder, behauptete, dass sein Medienunternehmen keine Verbindungen zur Violeta Violeta Stiftung hat, wie das Regime behauptet.

In sozialen Netzwerken und staatlichen Medien wurde eine Hetzkampagne entfesselt, um den Fall der Geldwäsche gegen Journalisten unter dem Namen „die Chamorro-Familienwäsche“ zu rechtfertigen. Infolgedessen begann an diesem Montag die Jagd auf Journalisten durch Vorladungen der Generalstaatsanwaltschaft, einer Einrichtung ohne Glaubwürdigkeit, da Menschenrechtsorganisationen ihr vorwerfen, seit 2018, als die Proteste gegen die Ortega-Regierung begannen, politische Fälle zu fabrizieren, die als gewöhnliche Verbrechen getarnt sind.

In der Vorladung gegen die Journalisten wird deutlich gemacht, dass sie in den Geldwäschefall gegen die Violeta-Stiftung und ihren ehemaligen Präsidenten verwickelt seien. Vorerst wurden sie jedoch nur zu einer „Befragung“ vorgeladen, ein Schritt, der normalerweise der Eröffnung eines Strafverfahrens vorausgeht.

„Als Teil des Plans, die unabhängige Presse in Nicaragua zum Schweigen zu bringen, wurde ich heute Nachmittag für ein Interview um 8 Uhr morgens vorgeladen. Sie versuchen, mich in denselben willkürlichen Prozess der angeblichen ‚Geldwäsche‘ gegen Cristiana Chamorro zu verwickeln“, sagte die Journalistin María Lilly Delgado.

Am Montagabend berichtete Cristiana Chamorro, dass ihre Konten von der Regierung eingefroren wurden. „Inmitten dieser ganzen Farce hat die Diktatur meine Bankkonten eingefroren und das Bankgeheimnis aufgehoben. Ich lehne diese Willkür ab und prangere sie an“, schrieb die Präsidentschaftskandidatin.

Weitere Beiträge:

Ortega Targets Opposition Figures As Nicaraguan Elections Approach aus National Public Radio NPR Washington vom 20.5.2021

Auch ein Artikel in „Die Zeit“ vom 26.5.2021
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