Im Oktober 2020, mitten in der Pandemie, informierten uns die zapatistischen Genossinnen und Genossen im mexikanischen Südosten, dass sie sich auf eine Reise „Für das Leben“ begeben würden, auf der sie die fünf Kontinente bereisen würden. Ziel der Reise ist es, die Kämpfe der anderen kennen zu lernen, die gegen die „kapitalistische Hydra“ kämpfen, derjenigen, die rebellieren und derjenigen, die Widerstand leisten. Als Zapatisten ist es ihr Ziel, in die Welt hinauszugehen, um den verschiedenen kämpfenden Gruppen zuzuhören und das Wort dieser Gruppen, ihre Erfahrungen, ihre Geschichten, ihre Siege und ihre Misserfolge in das zapatistische Gebiet zurückzubringen. Die erste Delegation, Geschwader 421, bestehend aus vier Frauen, zwei Männern und einer Transgender-Person, brach am 2. Mai 2021 mit einem Segelboot von der Insel Ixel (Isla Mujeres, Mexiko) auf. Sie überquerten den Atlantischen Ozean in etwa 50 Tagen auf der umbenannten La Montaña (früher Stahlrate). Als er im Hafen von Vigo ankam, sagte Marijosé, ein zapatistischer Transgender:
„Im Namen der Frauen, der Kinder, der Männer, der Ältesten und natürlich der anderen Zapatisten erkläre ich, dass der Name dieses Landes, das die Eingeborenen heute „Europa“ nennen, von nun an SLUMIL K’AJXEMK’OP heißen wird, was soviel bedeutet wie „Ungehorsames Land“ oder „Land, das nicht aufgibt“. Und so wird es bei Einheimischen und Fremden gleichermaßen benannt sein, solange es hier jemanden gibt, der nicht aufgibt oder sich verkäuft.
So begann die Reise „Für das Leben“ durch dieses „Unbeugsame Land“. Dann, am 14. September 2021, traf die Lufttransportgemeinschaft „La Extemporánea“ ein. Sie wurde so benannt, weil die Genossen so genannt wurden, als sie ihre Pässe vom mexikanischen Staat abholten, der überprüfen wollte, ob sie Mexikaner waren oder nicht, der sie nicht anerkannte und der nach viel Druck der Bewegungen innerhalb und außerhalb Mexikos den zapatistischen Genoss*innen die Pässe übergab. „La Extemporánea“ besteht aus 177 zapatistischen Genoss*innen, darunter mehrere Gruppen von „Escuchas y Palabras“, eine Frauenfußballmannschaft von 36 Milizionären, das „Comando Palomitas“ (sechs Kinder) und die Koordination in der Verantwortung von Subkomandate Moises. 13 Genossen des Congreso Nacional Indígena CNI und der Frente en defensa de la Tierra de Morelos Puebla (Front zur Verteidigung des Landes von Morelos Puebla) begleiten die Zapatisten.
Auf Initiative des Infobüro Nicaragua trafen sich mehrere Wuppertaler Kollektive, darunter das Autonome Zentrum, Lebensbaum, FAU-Bergischland am 28. September mit fünf zapatistischen GenossInnen der Gruppe „Escuchas y Palabras“ im Hambacher Forst. Während des Treffens stellte jede Gruppe ihre Geschichte, ihre Kämpfe, ihre Arbeit und ihre Probleme vor. Sie lernten auch die Geschichte der Arbeiterbewegung in der Frühindustrialisierung Wuppertal und die anschliessende Degenerierung durch Kapitalismus, Konsumismus und Sozialdemokratie kennen, die es gab und zum Teil bis heute gibt. Wir, die verschiedenen anwesenden Kollektive, haben, ohne uns dessen bewusst zu sein, über unseren politischen Aktivismus nachgedacht und festgestellt, dass es uns an der kollektiven Konstruktion einer Alternative mangelt, da wir uns immer mit dem gerade Dringenden beschäftigen.
Nachdem die Zapatisten uns zugehört hatten, gab es einen „Aufmerksamkeitsruf“. Sie sagten uns, dass wir zwar den Feind namens „Kapitalismus“ erkennen und einen Kampf gegen ihn führen, aber dass dem Anschein die vier anwesenden Kollektive verstreut und nicht als Ganzes organisiert sind. Sie luden uns ein, uns mit anderen Wuppertaler Kollektiven, die sich im gleichen Kampf „Für das Leben“ befinden, gemeinsam zu organisieren. Nach dem Weckruf erzählten sie uns ihre Geschichte in fünf Teilen:
- „Der Untergrund und die Organisierung“ (1983-1993).
- „Der Krieg von 1994 und der Dialog mit der schlechten Regierung“ (1994-1996)
- „Der Verrat“ und „Der Marsch der Farbe der Erde“ (1997-2001).
- „Der Aufbau der Autonomie“ (1994-2021) und die Gründung der „Caracoles“ (10. August 2003)
- „Widerstand und Rebellion“.(1521-2021)
Was uns Genossinnen und Genossen in Wuppertal nach dem Gespräch mit den Zapatisten sehr klar geworden ist, ist die Errungenschaft, im „Unbotmäßigen Land“ angekommen zu sein. Zuerst mit der Landung und dann mit der Lufttransportkompanie. Uns wurde klar, dass wir uns organisieren müssen, und dieser Besuch ist eine Gelegenheit, diese Organisation zu verwirklichen, um gegen die Vertreibung und Ausbeutung durch den „Kapitalismus“ zu kämpfen. Für Gerechtigkeit und für „Mutter Erde“ zu kämpfen. Wir kämpfen für eine Welt, in der viele Welten zusammenpassen, und das werden wir nur erreichen, wenn wir uns organisieren und die Wege und Kämpfe der anderen respektieren. Der „Sturm“ ist bereits in dieser Welt und wir können ihn nicht leugnen, nur wenn wir uns organisieren und kämpfen, können wir ihm entkommen.
Am Ende des Treffens verabschiedeten wir uns und wiederholten die Einladung, nach Wuppertal zu kommen, um uns zu Hause und andere Kollektive zu treffen, die für Würde und Gerechtigkeit für alle kämpfen, um diese Welt zu verändern und „Mutter Erde“ zu erhalten.
Wir kehren nach Hause zurück mit der Aufgabe, uns in Wuppertal mit den anderen Kollektiven zu organisieren und uns dem Sturm in diesem „Ungehorsamen Land“, d.h. in „SLUMIL K’AJXEMK’OP“ zu stellen.
Gehen wir voran, hören wir zu und leisten wir Widerstand. Für das Leben.
Informationsbüro Nicaragua.