Barbara Lucas 30.11.2021
Ich möchte Euch heute ein neues Nicaragua Solidaritäts-Komitee vorstellen, das vor kurzem in Oslo als Arbeitsgruppe des Lateinamerika-Solidaritätskomitees (Latin-Amerika gruppe i Oslo – LAG) entstanden ist.
Ähnlich wie in Deutschland finden sich auch in Norwegen nicaraguanische Exilierte und Geflüchtete mit Menschen zusammen, die in den 80ziger Jahren solidarisch mit der sandinistischen Revolution waren. Die nicaraguanische Journalistin Solange Saballos beschreibt die erste Veranstaltung des neuen Komitees am 8.11.2021, am Tag nach den Wahlen in Nicaragua, so:
„Rötliche Lichter schweben über dem grauen Haar mehrerer norwegischer Senior*innen. In ihrer Jugend glaubten sie an die Ideale der zweiten sozialistischen Revolution Lateinamerikas. In einem der Säle des Kulturhauses in Oslo versammelt, lauschen sie aufmerksam den Anklagen des Journalisten Carlos Fernando Chamorro, dem Schmerz des Exils in der Stimme von Katia Cardenal, begleitet von den Akkorden von Nina Cardenal, und der Rede von Marcela Prado, einer Asylbewerberin in Norwegen. Und die Utopie, die sie dazu gebracht hat, die Fjorde zu verlassen, um einem mutigen Volk zu helfen, verblasst vor ihren ungläubigen, noch träumenden Augen.(…) „Es ist sehr traurig für meine Generation zu sehen, wie der revolutionäre Traum der jungen Menschen der 80er Jahre auf diese Weise beendet wurde“, sagte die bekannte Liedermacherin Katia Cardenal.“
Dr. Mariel Aquilar Støen, Professorin am Zentrum für Entwicklung und Umwelt an der Universität Oslo, und Dr. Axel Borchgrevink, Professor für Internationale Studien an der Universität Oslo-Met analysierten die aktuelle politische Krise und leiteten in die Diskussion über.
In der Lateinamerika Gruppe war die Gründung des neuen Nicaragua Komitees nicht unumstritten. Gegründet nach dem Putsch gegen die Allende Regierung in Chile 1973 knüpfte es in den Jahren danach Kontakte zu linken Bewegungen in ganz Lateinamerika.
„Die LAG ist das Dach für unsere Gruppe und andere Gruppen in Oslo und außerhalb von Oslo. Es gibt Gruppen in ganz Norwegen und gemeinsam bilden wir die Lateinamerika-Gruppe. Viele junge Menschen sind (damals) nach Nicaragua gereist, um dort in Brigaden zu arbeiten, und es gab auch eine norwegische Botschaft dort, die viele Jahre lang funktionierte, jetzt aber aus offensichtlichen Gründen aufgelöst wurde“, sagte Evelyn Hoen, eine der Koordinatorinnen der Nicaragua Gruppe.
Einige Mitglieder der LAG wollten aufgrund der alten Sympathien für den Sandinismus in den vergangenen Jahren ihr Augenmerk eher auf die Einflussnahme der USA richten, im Endeffekt konnten aber die mehrheitlich jungen nicaraguanischen Asylbewerber*innen eine Nicaragua Gruppe bilden, die sich solidarisch mit den Protesten seit 2018 zeigt.
Wie Marcela Prado berichtete wurden in Norwegen zwar nur etwa 40 Asylanträge gestellt, die meisten jedoch abgelehnt wie z.B. die Asylanträge der Studentin Michelle Quezada und der Ingenieurin Silvia Herrera, denen mitgeteilt wurde, sie seien keine bekannten Persönlichkeiten und wären daher nicht bedroht. Dagegen wehren sie sich jetzt, was auch für zukünftige Anträge von Bedeutung sein wird, da die Welle der Geflüchteten noch längst nicht zu Ende ist. (Barbara Lucas)