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Deutsche Finanzierung in Nicaragua und internationale Abkommen

In einem Papier für ein Gespräch mit Außenministerin Baerbock, das wir gemeinsam mit 7 NGO´s und Vereinen verfassten, stellten wir neben den Fakten über Menschenrechtsverletzungen auch die Zahlen zur deutschen finanziellen Zusammenarbeit sowohl mit dem öffentlichen wie auch mit dem Privatsektor zusammen.

In dem Papier heißt es u.a.

„Laut dem Bericht der Zentralbank Nicaraguas (BCN) erhielt das Land im Jahr 2022 durch externe Kooperation insgesamt 958.3 Millionen USD. Im Vergleich zum Vorjahr sank sie um 34,3%, wobei die Abnahme nur die Kooperation mit dem öffentlichen Sektor betraf. Die Kooperation mit dem Privatsektor wuchs um 11,3% im Vergleich zu 2021. Deutschland steht mit einer Finanzierung in Höhe von 47,3 Millionen USD an Platz 5 der bilateralen Zusammenarbeit mit Nicaragua, noch vor den USA und der Europäischen Union. Besonders bedenklich ist ein Kredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Höhe von 106,2 Mio. USD über die Zentralamerikanische Entwicklungsbank (BCIE), der nur fünf Tage nach den gefälschten „Wahlen“ in Nicaragua am 12. November 2021 unterschrieben wurde. Deutschland ist im Jahr 2022 zudem der zweitgrößte Kreditgeber für den Privatsektor in Nicaragua mit 45,8 Millionen USD, die über die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) flossen.“

Insgesamt fließen zudem nach wie vor  hohe Zuschüsse und Kredite über die Zentralamerikanische Bank für Wirtschaftsintegration (BCIE) nach Nicaragua. In 2022 insgesamt 472,4 Mio US Dollar, davon 457,4 in den öffentlichen Sektor und 15 in den privaten Sektor. Die BCIE ist bekannt dafür, daß sie sehr schwache Umwelt- und Menschenrechtsstandards hat, ist aber dennoch einer der hauptsächlichen Empfänger deutscher Entwicklungshilfegelder.

Auch gibt es ernstzunehmenden Korruptionsverdacht für die Mechanismen innerhalb der Bank und der Vergabe von Geldern. Bislang fehlt es an strikten Kontrollen, die garantieren könnten, daß die Gelder unter Wahrung internationaler Standards wirklich bei den Betroffenen ankommen. Aufgrund einer ursprünglich vielleicht sinnvollen Entscheidung, mehr auf die regionale Kooperation zu setzen und damit auf Strukturen wie die BCIE oder auch das Zentralamerikanische Integrationssystem (SICA), fehlt es m.E. nun eventuell an Mechanismen, die Verwendung der Gelder an internationale Standards zu koppeln.

In dem gemeinsamen Papier heisst es weiter: „Eine Analyse der Stiftung Puentes zeigt auf, dass die wirtschaftlichen und sozialen Rechte in Nicaragua massiv verletzt werden, der Corruption Perceptions Index verzeichnet für Nicaragua sogar einen einen weiteren Anstieg.

Präsident Ortega kanzelte auf der einen Seite die internationale Kooperation als „Almosen“ ab. Gleichzeitig dient sie ihm als politisches Instrument für seinen Rückhalt in der Bevölkerung und als Aushängeschild auf internationaler Ebene. Das Regime hat das repressive Vorgehen gegen die Zivilgesellschaft mit Umsetzung internationaler Standards zur Prävention von Terrorismusfinanzierung im Non-Profit-Sektor begründet (die sogenannte FATF Empfehlung 8). Dies stellt einen klaren Missbrauch dieser Standards dar, die von der Financial Action Task Force (FATF) aufgestellt und von der zuständigen regionalen Organisation (GAFILAT) überprüft werden. Der Bericht des GHREN weist darauf hin, dass das Regime den rechtlichen Rahmen gegen Geldwäsche und die Instrumentalisierung der Justiz zur Verfolgung politischer Gegner nutzt.

In einer Studie stellte Manuel Orozco vom Inter-American Dialogue fest, dass Nicaragua das Freihandelsabkommen CAFTA-DR in drei Kapiteln (12, 16 und 17) verletzt. Auch die Europäische Union unterhält ein Assoziierungsabkommen mit Zentralamerika und steht an vierter Stelle der Exportziele aus Nicaragua.“

Deshalb ist es angesagt den Druck dafür zu erhöhen, damit auf allen Ebenen der Zusammenarbeit Menschenrechtsstandards berücksichtigt werden. Wie dies genau aussehen kann, sollten wir in den nächsten Monaten beraten. Dies gilt nicht nur in den Bereichen der Außenpolitik und der Entwicklungszusammenarbeit sondern ausdrücklich auch im Bereich der Bankenkontrolle und des Monitoring derjenigen Projekte, die multilateral oder regional abgewickelt werden. Hier darf sich die deutsche Regierung nicht aus der Verantwortung stehlen, gerade jetzt, wo sie mit einem sehr hohen Anspruch angetreten ist.
Barbara Lucas

Siehe auch die Rolle von Dante Mossi als Chef der BCIE Der Sturz von Dante Mossi, dem Bankier, der Daniel Ortega von der Zentralamerikanischen Bank geholfen hat | Informationsbüro Nicaragua e.V. (infobuero-nicaragua.org)

La caída de Dante Mossi, el banquero que ayudaba a Daniel Ortega desde el Banco Centroamericano | Internacional | EL PAÍS (elpais.com)

Siehe auch Analyse der Heinrich-Böll-Stiftung zur Rolle der zentralamerikanischen Bank für Integration

BCIE auf spanisch – CABEI auf englisch