Red de Defensores/as Indígenas de Nicaragua 31.10.2024
Der Zweck dieses Berichts ist es, einen Prozess des Ethnozids zu dokumentieren, der an der Karibikküste Nicaraguas als Folge der systematischen Verletzung der Menschenrechte der in diesen Regionen des Landes lebenden indigenen und afro-descendenten Bevölkerung stattfindet.
Der Bericht befasst sich sowohl mit dem gewaltsamen und systematischen Vorgehen staatlicher und nichtstaatlicher Akteure als auch mit dem Versagen staatlicher und nichtstaatlicher Akteure beim Schutz der grundlegenden Menschenrechte indigener Menschen. Die physische und kulturelle Auslöschung dieser angestammten Völker droht.
Um das Argument des Ethnozids zu untermauern, stützt sich unser konzeptionell-methodischer
Ansatz auf Beiträge aus der Rechtstheorie und auf internationale Normen zum Begriff des Völkermords. Zusammenfassend gesagt: die systematische und absichtliche physische oder biologische Ausrottung, ganz oder teilweise, eines Volkes sowie das Verschwinden seiner Kultur.
Der Bericht gliedert sich neben der Einleitung in sieben Abschnitte.
- Im ersten Abschnitt wird die begriffliche Grundlage skizziert, die es ermöglicht, von Ethnozid in den karibischen Regionen des Landes zu sprechen.
- Der zweite Abschnitt behandelt die staatliche Dynamik der Kooptation indigener Territorialregierungen und die Auswirkungen auf das im Rechtssystem des Landes anerkannte Recht auf Selbstverwaltung.
- Im dritten Abschnitt befassen wir uns mit dem Prozess der Invasion in angestammtes, kollektiv genutztes Land und den durch diese Dynamik hervorgerufenen Vertreibungsaktionen, einschließlich der illegalen Besetzungen durch Siedlerinvasionen, Massaker und Gewalttaten in indigenen Territorien und die nur relative Wirkung der Vorsichtsmaßnahmen der Interamerikanischen Menschenrechtskommission.
- Der vierte Abschnitt befasst sich mit dem extraktivistischen Modell der wirtschaftlichen Produktion und der damit verbundenen Umweltzerstörung. Wir präsentieren eine Liste von Bergbaukonzessionen, die der nicaraguanische Staat auf indigenem Territorium erteilt hat und die ohne die vorherige, freie und informierte Konsultation der indigenen Völker genehmigt wurden und somit gegen die Normen und Standards verstoßen, die im internationalen Recht für indigene Völker festgelegt sind. Der vierte Abschnitt befasst sich auch mit den sozio-ökologischen Auswirkungen des Extraktivismus an der Karibikküste.
- Der fünfte Abschnitt konzentriert sich auf die Beschreibung der Praktiken des Ethnozids durch geschlechtsspezifische Gewalt und die erhöhte Verletzlichkeit indigener Frauen. Insbesondere konzentrieren wir uns auf den Nachweis für Femizide und sexuelle Gewalt in indigenen Territorien, hervorgerufen durch Handlungen von Siedlern und extraktivistischen Akteuren. Ebenso dokumentieren wir den begrenzten Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und die besonderen Schutzbedürfnisse von vertriebenen Frauen.
- Im sechsten Abschnitt des Berichts richten wir unsere Aufmerksamkeit auf die Absicht, Straflosigkeit und mangelnden staatlicher Schutz für systematische Menschenrechtsverletzungen in diesen Regionen als geplante und räumlich systematische Handlungen zuzulassen, um einen Genozid voranzutreiben und zu verwirklichen. Diese Handlungen äußern sich durch fehlende Ermittlungen in Fällen von Gewalt und Massakern, die Nichteinhaltung des rechtmäßigen Prozesses der territorialen Landnahme.
- Der siebte und achte Abschnitt sind unseren Schlussfolgerungen bzw. Empfehlungen gewidmet. Der Bericht enthält auch eine Zeitleiste zum Völkermord an der Karibikküste.