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Enteignung leicht gemacht: Durch Konzentration der Staatsgewalt in der Exekutive

30.10.2023

Übertragung der Eigentums-Register an die PGR  (Procuraduria General de la Republica)

– Gewaltenteilung nicht mehr gegeben –

Mit der Verabschiedung der Gesetzesinitiative  vom 30.10 2023 in der Nationalversammlung Nicaraguas wurde das System des nationalen  Grundbuch- und Handelsregisters  ( SINARE ), dass bisher der Judikative unterstand  der PGR (Procuraduria General de la Republica) überschreiben. Die PGR entspricht juristisch der Generalbundesanwaltschaft,.

Die PGR bestimmt die Direktor:Innen und das sonstige Personal der Registerämter auf nationaler und territorialer Ebene , kontrolliert und definiert die Prozedere der Registrierung, die zu zahlenden Gebühren und bestimmt die Einschreibung von Grundstücken , Liegenschaften und Immobilien in die Grundbücher, sowie die Registrierung und Zulassung von Handelsgesellschaften, Einschreibung von Hypotheken  und von  Personen , die an kommerziellen Gesellschaften beteiligt sind

Im Allgemeinen staatsrechtlichen Verständnis sind die Grundbuchregister der Judikative zu zu ordnen, die von den anderen beiden Staatsgewalten, der Legislative und Exekutive unabhängig sein sollte. Auch wenn dies in Nicaragua seit Antritt von Ortega als Präsident in weiten Bereichen der Justiz schon lange nicht mehr gegeben war.

( siehe KASTEN unten)

Die Zuordnung der Register des SINARE zur Exekutive auf der Ebene der PGR, der höchsten Instanz der Staatsverwaltung, erleichtert die Einsicht der Regierenden Diktatur von Ortega und Murillo in die Besitzverhältnisse und Zugriff auf Eigentum von Personen, die ihnen nicht genehm sind. Dieses ist durch die Enteignung der in die USA abgeschobene Politischen Gefangen, denen auch die nicaraguanische Nationalität entzogen wurde , schon geschehen.

Konfiszierungen werden in Zukunft noch reibungsloser durch geführt werden können. Die Diktatur kann so mit diesen Liegenschaften treue Vasallen in den eigenen Reihen entlohnen und noch mehr an sich binden.

siehe auch:

Gonzalo Carrión: „lo de la CSJ es el sometimiento de ese poder a los Ortega-Murillo“ – Agenda Propia Nicaragua

In einigen Fällen sind die Mieter*innen der Häuser, der so enteigneten Personen nun gezwungen die Miete an den Staat zahlen, und dieser hat so mehr Einnahmen. In anderen Fällen wurden die Angestellten, die die Fincas (Landwirtschaftlichen Betriebe) verwalten mit ihren Familien brutal durch Polizeigewalt  und Paramilitärs vertreiben und z.T. ungerechtfertigt mehrere Tage in Haft gehalten und ausgefragt.

Manche Liegenschaften wurden auch schon vor der Gesetzes-Reform einfach im Register „gesperrt“( inmovilizado), d.h. der Besitzende kann sie dann nicht mehr verkaufen. Hierüber werden die Betroffenen nicht informiert. Sie merken es erst, wenn der Rechtsanwalt die Verkaufsurkunde im Register einschreiben will. Oft werden solche Häuser von Polizei oder Spitzeln beobachtet, selbst der Abtransport persönlichen Gegenstände ist nicht mehr möglich.

Man kann also mit Fug und Recht sagen, dass es in Nicaragua keine Rechtssicherheit des Eigentums mehr gibt. Im Grunde ist das ganze Land „potenziell „konfiszierbar“.

Auch  einige Europäer, die jahrelang in Nicaragua gelebt und gearbeitet haben sind von solchen illegalen Enteignungen und Demobilisierungen betroffen. Genaue Daten gibt es nicht, da sich diese Menschen oft aus Angst nicht melden.

Erschwerend kommt hinzu , dass in der letzten Zeit vielen dieser Personen, die mit legaler Aufenthaltserlaubnis in Nicaragua gelebt und gearbeitet haben, die Einreise ins Land verweigert worden ist, sei es am Flughafen in Managua, an der Grenze in den Nachbarländern oder  vor dem Abflug. Eine Begründung gibt die Migrationsbehörde nie.  Die Diktatur betrachtet die Einreiseverweigerung als ihr souveränes Recht. Im letzten Jahr soll 10 bis 20 Deutsche, die nach Nicaragua einreisen wollten von dem Einreiseverbot betroffen gewesen sein. Die Dunkelziffer ist wesentlich höher. Oft melden sich die Personen nicht bei der Botschaft oder dem AA. Eine Busgesellschaft redet von 4 Personen pro Woche, denen die Einreise verweigert wird, Ausländer*innen wie auch Nicaraguaner*innen. Die Einreiseverweigerungen hätte in den letzten Monaten zugenommen.  Für die Sicherung des Eigentums in Nicaragua  dieser Menschen ist diese Aussperrung schwerwiegend und mit vielen Kosten (Vollmachten, Rechtsanwaltskosten etc.) verbunden. Oft gelingt es nicht, die Enteignung  zu verhindern.

 aus: Rüdiger Zachert                AVN 6 -2002
Grundbuch und Kataster im Spannungsfeld der Staatsgewalten
Zusammenfassung: Das Grundbuchwesen ist durch seine lange geschichtliche Entwicklung fest in der Tradition der freiwilligen Gerichtsbarkeit verwurzelt. Obwohl materiell keine echte Rechtsprechung i.S.v. Art. 92 GG, kann die Grundbuchführung nicht ohne größeren Schaden in die Verwaltung überführt werden.
Demgegenüber ist das Katasterwesen seit jeher reine Verwaltungstätigkeit, wobei das amtliche Verzeichnis i. S. v. § 2 Abs. 2 GBO sozusagen als „Auftragsangelegenheit“ quasi nebenbei geführt wird. Eine Integration der beiden Systeme ist rechtsdogmatisch sehr problematisch und aus dem Selbstverständnis des Liegenschaftskatasters als Basisinformationssystem heraus entbehrlich. Es sind aber zumindest alle technischen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine „kommunikative Integration“ zu erreichen.