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Aktuelle Beiträge des Runden Tisches Zentralamerika

Infos zu Zentralamerika (campaign-archive.com) 6-2023

3. Nicaragua
Polizeireform: Anfang Juli billigte der nicaraguanische Kongress einstimmig eine Reform des Gesetzes über die Nationalpolizei und des Artikels 97 der Verfassung, um seine vollständige Kontrolle über die Nationalpolizei zu festigen. Mit der Änderung des Verfassungsartikels, der den rechtlichen Rahmen für die Polizei festlegt, wird ihre Definition als „professionelle, unpolitische, überparteiliche, gehorsame und nicht beratende Institution“ aufgehoben. Die Verfassung legt nun fest, dass die Nationalpolizei „ein bewaffnetes Organ ist, das dem Präsidenten der Republik unterstellt ist“, und hebt damit seinen zivilen Charakter auf.

Mit der Reform des nationalen Polizeigesetzes wird der Begriff der Fahnenflucht eingeführt, den es bisher in dieser Institution nicht gab. Der neue Artikel legt fest, dass Fahnenflucht eine „schwere Beeinträchtigung der Sicherheit der Bürger“ darstellt und mit zwei bis drei Jahren Gefängnis bestraft wird. Außerdem wird eine Strafe für Pflichtverletzung eingeführt, die besagt, dass „Polizeibeamte, die sich ohne triftigen Grund den Befehlen ihrer Vorgesetzten widersetzen, mit sechs Monaten bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden“.

Politische Gefangene: Der Bischof von Matagalpa, Rolando José Álvarez, wurde in der Nacht zum 3. Juli auf Befehl von Daniel Ortega aus dem Gefängnis “La Modelo” entlassen. Am 5. Juli bestätigten die Medien jedoch aus diplomatischen und kirchlichen Quellen, dass Bischof Álvarez ins Gefängnis zurückgebracht wurde. Dies geschah unter Ausschluss der Öffentlichkeit, aber die Quellen behaupten, dass der Versuch, ihn freizulassen, scheiterte, weil Álvarez die Bedingungen des erzwungenen Exils, die ihm vom Ortega-Regime auferlegt wurden, ablehnte. Álvarez behauptet, er würde Nicaragua nur verlassen, wenn Papst Franziskus ihn dazu auffordere; wenn nicht, ziehe er es vor, in Nicaragua zu bleiben und fordert seine bedingungslose Freilassung und das Ende der religiösen Verfolgung.

Sanktionen: Im Juli dieses Jahres setzte die US-Regierung 13 Nicaraguaner*innen auf die Engel-Liste. Vier Mitglieder der Nationalversammlung wurden wegen ihrer Rolle beim Entzug der Staatsbürgerschaft von Hunderten von Nicaraguaner*innen sanktioniert: Arling Alonso, Gladis de los Angeles Baez, Loria Raquel Dixon Brautigam und Alejandro Mejía Ferreti; sowie zwei Richter, Rosa Solís und Ángela Dávila Navarrete. Wendy Carolina Morales, die derzeitige Generalstaatsanwältin Nicaraguas, wurde ebenfalls für ihre Rolle bei der Verfolgung politischer Gegner und zivilgesellschaftlicher Organisationen durch die Konfiszierung ihres Eigentums bestraft. Aus demselben Grund wurden auch Denis Membreño Rivera und Aldo Martín Sáenz Ulloa, Leiter der Finanzanalyseeinheit (UAF), Valeria Halleslevens und Eduardo Celestino Ortega, beide Leiter*innen im Nationalen Register (DNR), sowie Marta Mayela Díaz aus der Aufsichtsbehörde für Banken und andere Finanzinstitute (SIBOIF), bestraft. Darüber hinaus wurde auch Sagrario de Fátima Benavides, aus der nicaraguanischen Sozialversicherungsanstalt sanktioniert, weil sie ihre Position dazu nutzte, Renten politischer Gegner*innen ohne Rechtsgrundlage zu entziehen.

Wirtschaft: Die Überweisungen aus dem Ausland nach Nicaragua sind in der ersten Hälfte des Jahres 2023 um 58,6% gestiegen. Manuel Orozco aus dem Interamerikanischen Dialog sagt voraus, dass der Gesamtbetrag der Überweisungen bis 2023 5 Milliarden Dollar erreichen wird, was 33 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von Nicaragua entspricht. Ein solcher Betrag wurde in der Wirtschaftsgeschichte des Landes noch nie erreicht. Schätzungsweise 1,7 Millionen Nicaraguaner*innen – etwa 20 % der Gesamtbevölkerung – leben im Ausland, vor allem in Costa Rica und den Vereinigten Staaten: Acht von zehn Dollar wurden aus den Vereinigten Staaten überwiesen.