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Grüne Bundestagsabgeordnete aus Wuppertal antwortet auf Fragen des Wuppertaler Aktionsbündnis WAT zu CETA

Hintergrund: Offener Brief des Wuppertaler Aktionsbündnis gegen TTIP und andere Freihandelsfallen WAT an Grüne Bundestagsabgeordnete und Flyer Sieben Gründe gegen CETA

„…. Gemeinsam mit den Ampelfraktionen haben wir uns auf eine neue Agenda für eine faire Handelspolitik geeinigt. Dazu gehört eine Nachbesserung des sogenannten CETA Abkommens. Im Koalitionsvertrag hatten die Ampelparteien vereinbart, die Entscheidung über die Ratifizierung des umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens mit Kanada (CETA) nach Abschluss der Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht gemeinsam zu treffen. Aufgrund der die demokratischen Handlungsmöglichkeiten einschränkenden Investor-Staat-Schiedsgerichte haben wir CETA immer kritisch gesehen. Mit SPD und FPD haben wir uns nun auf ein Vorgehen einigen können, um die problematischen Aspekte des Abkommens zu entschärfen. Wir werden sowohl bei den problematischen Schiedsgerichten als auch mit einer besseren Einbindung des europäischen Parlaments nachbessern. Dieses wird die Bundesregierung nun zusammen mit der Europäischen Kommission und Kanada verhandeln.

Konkret heißt das: Als Ampel ratifizieren wir CETA dann, wenn mit einer gemeinsamen Erklärung Kanadas und der EU im gemeinsamen Ausschuss des Abkommens die Auslegung der Investitionsschutzklauseln wirkungsvoll begrenzt wurde. Außerdem wollen wir dafür sorgen, dass die demokratische Rückbindung bzw. parlamentarische Rolle im Zusammenhang mit regulatorischer Kooperation verbessert wird. Wir stärken gleichzeitig die gemeinsame Handelspolitik der Ampel.
Wir haben die Gespräche mit den Ampel-Partnern im größeren Kontext der künftigen Handelspolitik und der Reform des sogenannten Energiecharta-Vertrags geführt. Unsere Einigung mit SPD und FDP ist ein Gesamtpaket, das nicht nur die gemeinsame Festlegung auf ein neues Fundament unserer Handelspolitik beinhaltet, sondern auch die Nachbesserung der CETA-Regeln zum Investitionsschutz als Voraussetzung für die Ratifizierung macht.

Investitionsschutz in CETA und für und alle künftigen Abkommen klar begrenzen: Mit unserer Einigung stellen wir sicher, dass CETA erst dann ratifiziert wird, wenn die missbräuchliche Auslegung von Definitionen wie „billige und gerechte Behandlung“ und „indirekte Enteignung“ klar begrenzt wird. Mit diesen Anpassungen verhindern wir, dass der Schutz von Umwelt, Verbraucher*innen, Gesundheit und Menschenrechten untergraben wird.

– Zukünftige Investitionsschutzabkommen sollen sich auf den Schutz vor direkter Enteignung und den Standard der Inländergleichbehandlung konzentrieren und das Recht auf gemeinwohlorientierte Regulierung („right to regulate“) sicherstellen.

– Demokratische Mitgestaltung stärken: Handelsabkommen verfügen meist über gemeinsame Ausschüsse der Vertragsparteien, in denen das Abkommen angepasst und fortentwickelt werden kann. Wir wollen künftig mit einer inter-institutionelle Vereinbarungen zwischen Europäischer Kommission und Europäischen Parlament sicherstellen, dass die Entscheidungen in den Ausschüssen demokratisch legitimiert sind. Dazu soll bei substanzverändernden und vertragsauslegenden Fragen (zum Beispiel mit Blick auf Verbraucherschutz, Umweltschutz, Arbeitsstandards oder Finanzmarktregulierung) durch die Einbindung des europäischen Parlaments die sogenannte regulatorische Kooperation demokratischer gestaltet werden. Eine solche Vereinbarung wollen wir auch für CETA erreichen. Die Beteiligung des Bundestages bei der Umsetzung von CETA stellen wir im Sinne des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes sicher.

– Die Nachhaltigkeitskapitel sollen in Zukunft in allen Handelsverträgen sanktionierbar sein, d. h. die Nichteinhaltung von Klimaschutz-, Sozial- und Umweltstandards kann dann mit ebenso effektiven Konsequenzen belegt werden, wie die Nichteinhaltung der wirtschaftlichen Aspekte. Wir wollen insbesondere bei Verstößen gegen das Pariser Klimaabkommen, gegen die zentralen ILO-Arbeitsschutz-Konventionen und gegen das Übereinkommen zur biologischen Vielfalt in letzter Instanz künftig auch die Aussetzung von Handelserleichterungen ermöglichen. Mit dieser Positionierung kann sich die Bundesregierung nun voll hinter den kürzlich erfolgten Vorschlag der EU-Kommission stellen, dass Nachhaltigkeitskapitel in Zukunft sanktionierbar sein müssen.

– Wir knüpfen die Energiecharta-Reform an den Klimaschutz: Die Ergebnisse der Verhandlungen über eine Reform des Energiechartavertrages werden wir kritisch prüfen und eine Ausrichtung an den Klimazielen zur Voraussetzung für eine Zustimmung Deutschlands machen. Der Investitionsschutz soll sich auf direkte Enteignung und Inländergleichbehandlung garantieren, aber auch darauf begrenzt bleiben. Die Sunset Clause, die Klagen gegenüber einem Staat noch weit nach einem Ausstieg aus dem Vertrag ermöglicht, muss verkürzt werden. Sollten diese Punkte durch die Reform nicht abgedeckt sein, wird die Bundesregierung die EU-Kommission auffordern entsprechende Konsequenzen, bis hin zu einem Ausstieg, zu ziehen.
Der Energiecharta-Vertrag wurde im Dezember 1994 in Lissabon unterzeichnet und sollte ursprünglich die Energiesektoren der ehemaligen Sowjetunion in die europäischen und globalen Märkte integrieren. Der rechtsverbindliche Vertrag legt Prinzipen für die internationalen Energiebeziehungen fest. Er trat 1998 in Kraft und hat nach dem Austritt Italiens 2016 noch 53 Mitglieder. Infos zu unseren Kritikpunkten:
https://maik-aussendorf.de/2022/04/kathrin-henneberger-und-maik-aussendorf-im-austausch-zum-energiecharta-vertrag-diskussion-zur-gruenen-strategie-zu-investitionsschutzvertraegen/

Mit freundlichen Grüßen
Anja Liebert (Mitglied des Deutschen Bundestages, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen)“